4000 Jahre Pfahlbauten
Ausfahrt zur großen Landesausstellung
Die große Landesausstellung "4000 Jahre Pfahlbauten" in Bad Schussenried und Bad Buchau war jüngstes Ziel der Gesellschaft für Heimat- und Kulturgeschichte. 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer machten sich bei strahlendem Sommerwetter auf de Weg, tief in die Geschichte dieser bemerkenswerten Kultur einzutauchen.
In einem kurzen Einführungsvortrag ging Alwin Weber, der Erste Vorsitzende des Vereins, auf 13 grundlegende Fragen - angefangen von "Was sind Pfahlbauten?" bis "Woher kommt der Name Federsee?" - ein.
In Bad Schussenried begrüßte Beatrice Kraft M. A. die Gruppe. Seit rund 3500 v. Chr. könne man im Bereich des Bodensees und Federsees menschliche Kulturschichten nachweisen. Durch den Sauerstoffabschluss im Moorboden seien die Bedingungen, dass sich organisches Material erhält, besonders gut. Dadurch, so die Restauratorin, hätten sich besonders Pfähle gut erhalten, durch die das Alter genau ermittelt werden könne.
In einem Raum werden die verschiedenen Haus- und Dachkonstruktionen virtuell aufgezeigt; diese Form, einen Bauvorgang verstehbar zu machen mit dem einprägsamen Klackklack des Aufeinandertreffens der Balken wird man wohl schwer vergessen.
Wie eine mächtige Astgabel sich als Firstbalken eignet, zeigte Beatrice Kraft ebenso wie rund 6000 Jahre alte Haushaltsgeräte, so zum Beispiel recht gut gearbeitete Schalen aus Holz, Steinbeile mit passender Schäftung oder Pyrit zum Feuermachen.
Dass in der Jungsteinzeit bereits eine gewisse Arbeitsteilung nachweisbar ist, hat sicher ebenso verwundert wie die weit verzweigten Handelsbeziehungen.
Die Lebensgrundlage bildeten Nacktweizen, Emmer, Einkorn und Gerste. Auch die zu deren Verarbeitung nötigen Werkzeuge, wie Mahlstein und Läufer, sind in der Ausstellung zu sehen. Natürlich waren auch Pilze, Beeren, Baumfrüchte und Wurzeln auf dem Speiseplan, der aber auch Fleisch von Rind, Schaf, Auerochse, Schwein und Ziege enthielt. Eine Besonderheit in der Ernährung war am Federsee sicher das Vorkommen der Wassernuss.
Anhand von Siedlungsmodellen, die nach archäologischen Befunden erstellt wurden, lassen sich schon soziale Unterschiede im Hausbau ausmachen. Eiche war Baustoff der Höherstehenden.
Entscheidend für das Transportwesen war der Übergang von der Schleife zur Achse mit Rad. Eine Achse mit Rad plus Schleife ergab einen einachsigen Karren, mit dem sich Lasten leichter transportieren ließen. Ungefähr 5000 Jahre alte Scheibenräder wurden am Federsee gefunden.
Für Archäologen höchst überraschend dürfte sein, dass bisher bei Pfahlbausiedlungen keine Gräber entdeckt wurden.
Von besonderer Bedeutung für das Geistesleben dürfte das Kulthaus von Ludwigshafen sein, auf dessen mit Lehm verstrichenen Wänden Frauenbrüste aus Lehm aufgesetzt waren. Reisige Ahnenstelen, feinstens bearbeitet, und zeremonielle Werkzeuge zeugen von hoher handwerklicher Fertigkeit.
Welche Möglichkeiten Birkenbast und Birkenrinde boten, wird in weiteren Schaukästen gezeigt. Dass sich mit aus Birkenrinde gewonnenem Teer Pfeilspitzen an den Pfeilschaft kleben lassen, zeugt von hohem technischen Verständnis.
Den Übergang zur Bronzezeit bilden Gussformen, die dem flüssigen Metall die Gestalt gaben.
Bisher war die Jungsteinzeit das Thema der Ausstellung, Nach einer Mittagspause ging die Fahrt weiter nach Bad Buchau, wo im dortigen Federsee-Museum die Bronzezeit, der Zeitraum von 2200 v. Chr. bis 800 v. Chr. im Mittelpunkt stehen sollte.
Bastian Sturm, der die Gruppe führte, meinte, dass sich gerade zu dieser Zeit "etwas tat".
In einem "Wimmelbild" vom Leben in der Bronzezeit konnte der Archäologe Sturm so manche Einzelheit erklären.
Alles dominiert das Metall, die Bronze. Das Erschmelzen der Bronze aus ungefähr zwei Drittel Kupfer und einem Drittel Zinn ist Sache von hoch spezialisierten Schmieden. Da weder Kupfer noch Zinn vor Ort gefunden wurden, mussten diese Stoffe durch Handel erworben werden. Zinn wurde vor allem aus Britannien, Kupfer aus dem Mittelmeerraum importiert. Durch die dafür notwendig Mobilität wurden natürlich auch neue Ideen verbreitet.
Der Ackerbau mit dem Pflug brachte jetzt größere Erträge. Die Metallverarbeitung hatte eine Blütezeit; in Bad Buchau sind feinste Gussformen für massive Stücke und auch Stücke, die in "verlorener Form" gegossen wurden, zu sehen. Sicheln mit ergonomisch geformten Handgriffen (auch für Linkshänder !) sollten das Arbeiten erleichtern.
Dinkel, Hirse, Linse, Erbsen und Ackerbohnen waren nun die Alltagskost.
Ein eleganter, dünnwandiger Einbaum vom Federsee (Am Bodensee hat man noch keinen gefunden.) weist im Inneren zwei Feuerstellen auf; hat man die Fische schon mit Licht angelockt?
Neben den hochstehenden Techniken wie Stricken und Weben zeigt die Ausstellung aber auch die andere Seite der Bronzezeit: ohne Zweifel wurden ein Mädchen und ein Junge rituell geopfert.
Am Schluss der Ausstellung ist das Modell einer Fischfanganlage für Hechte zu sehen. Interessanterweise hat man um den Federsee ein große Anzahl an Kopfskeletten von Hechten, aber keine weiteren Gräten gefunden. Auf der Heuneburg, so Bastian Sturm, wurde Hechtgräten im Mengen entdeckt, aber keine Köpfe. Waren also die Federseeanwohner die Hechtlieferanten für den keltischen "Fürsten" auf der Heuneburg?
Nach einer kleinen Kaffeepause trat die Gruppe in der Gewissheit viel Neues gehört und gesehen zu haben die Heimfahrt an.
Das Kloster Schussenried war erste Station der
Ausstellung "4000 Jahre Pfahlbauten".
Text und Bild: Alwin Weber