Gesellschaft für Heimat- und Kulturgeschichte Oberndorf a.N. e.V.

Rückblick 2020

 

Papier - Geschichte, Herstellung, Bedeutung

. "Roh - Stoff - Papier" - was darunter zu verstehen ist, wollten 25 Mitglieder der Gesellschaft für Heimat- und Kulturgeschichte und Gäste ergründen und fuhren zu dieser Ausstellung ins Hauptstaatsarchiv nach Stuttgart.
Dr. Erwin Frauenknecht, der die Gruppe nicht zum ersten Mal führte, begann seine Ausführungen vor einer großen Landkarte, auf welcher der Weg des Papiers von Ostasien nach Europa nachvollzogen werden konnte und zeigte, dass über den Umweg Spanien und Italien die ersten Papierfabriken im Gebiet des heutigen Deutschland in Nürnberg (1390) und 'Ravensburg (1393) entstanden sind. Damit war auch der Bezug zu Südwestdeutschland hergestellt.
Dr. Frauenknecht gliederte die Geschichte der Beschreibstoffe anschaulich in Antike (Papyrus), Mittelalter (Pergament) und Neuzeit (Papier). Natürlich kam es an den Grenzen immer wieder zu Überschneidungen.
Eine Blütezeit der Papiermühlen und -herstellung war nach seinen Ausführungen das späte 15. Jahrhundert, als der beginnende Buchdruck mehr Papier erforderte und die steigende Nachfrage eine erhöhte Produktion begünstigte.
Im Gegensatz zu Pergament war Papier rein pflanzlichen Ursprungs; Beispiele für Papiere aus Karotten oder Spargelschalen machten auch skurrile Rohstoffquellen deutlich.
Doch im Grunde war die Papierherstellung über Jahrhunderte die gleiche. Lumpen aus den verschiedensten Fasern wurden zerkleinert, gewässert und einem Fäulnisprozess unterworfen. Diese Masse kam mit Wasser in eine Bütte, woraus der "Schöpfer" mithilfe eines feinen Drahtsiebes jeweils ein Blatt schöpfte.
Der "Gautscher" legte das Blatt auf einem Filz zu einem Stapel ab, den der "Leger" in einer Presse trocknete.
Legte der Schöpfer auf das Schöpfsieb eine dünne Drahtfigur, so lagen an dieser Stelle weniger Paperfasern übereinander und man konnte auf dem fertigen Blatt - gegen das Licht gehalten - die Figur erkennen. Das Wasserzeichen war geboren.
In diesem Zusammenhang verwies Dr. Frauenknecht darauf, dass im Hauptstaatsarchiv Stuttgart die größte Wasserzeichensammlung der Welt, begründet von Gerhard Piccard, aufbewahrt wird; diese Sammlung mit mehr als 130000 Beispielen ist digital zugänglich.
Welchen Wert diese Arbeit für Historiker hat, zeigt sich am "Stuttgarter Kartenspiel). Das Kartenspiel ist 1427 bis 1431 entstanden. 1958 konnte Gerhard Piccard durch Wasserzeichen einer Ravensburger Papiermühle die Spielkarten datieren und regional zuordnen.
Dass sich in einer Übergangszeit Pergament und Papier ergänzt haben, konnte der Referent daran zeigen, dass ein Urbar, also ein Besitzverzeichnis, des Klosters Bebenhausen zuerst auf Papier zusammengestellt und dann auf Pergament übertragen wurde.
Natürlich ging Dr. Frauenknecht auch auf die Arbeiten ein, die zur Fertigstellung eines Papierbogens nötig waren, also das Aufhängen der Bögen und das Glätten mittels Achatsteinen, sowie das Verpacken und Versenden.
Das Leimen des Papiers, um es beschreiben zu können, erforderte wieder tierische Produkte, aus denen der Leim hergestellt wurde. Doch nur dadurch konnte ein "Fließen", das beim Löschpaper erwünscht ist, verhindert werden.
Auf ein Problem wies Dr. Frauenknecht noch hin: Papieren die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts auf Holzschliffbasis produziert wurden, sind problematisch, da sie aufgrund chemischer Vorgänge im Lignin sehr schnell altern. Doch hier kann bei wertvollen Werken durch Entsäuerung geholfen werden. Auch in den Restaurierungswerkstätten des Hauptstaatsarchivs werden solche Rettungsarbeiten durchgeführt.
Mit den Hinweisen darauf, welch weite Verbreitungswege Hadernpapier aus Ravensburg gegangen ist, schloss diese umfassende, klar gegliederte Führung durch die Ausstellung "Roh - Stoff - Papier".

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Wieder einmal war die Gesellschaft für Hemat- und Kulturgeschichte im Hauptstaatsarchiv
zu Gast. Dr. Erwin Frauenknecht (Dritter v- r.) führte durch die Ausstellung "Roh - Stoff -
Papier".
Text und Foto: Alwin Weber

 

 

Protokoll

über die Mitgliederversammlung des

Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins

am 15.02.2020

im Hauptstaatsarchiv Stuttgart

 

Dr. Nicole Bickhoff, die Vorsitzende des Vereins, begrüßte die Mitglieder und stellte die Beschlussfähigkeit fest.

Nach dem Totengedenken gab sie eine Überblick über die Aktivitäten des Vereins im Jahr 2019.

15 Veranstaltungen wurden durchgeführt.

Der Verein zählte zum 31.12.2019 1213 Mitglieder.

Die Jahresrechnung schloss mit einem Minus, das durch erhöhte Zuschüsse zum Druck wissenschaftlicher Werke entstanden war.

Das Vereinsvermögen beträgt immerhin noch mehr als 180000 €.

Die Kassiererin und der Gesamtvorstand wurden ohne Gegenstimme entlastet.

Die Wahlen zum Beirat bestellten neben einer neuen Beirätin Dr. Rupert Schaab, den Leiter der benachbarten Landesbibliothek, in dieses Gremium.

In TOP 5 Änderung der Satzung soll dem Wunsch des jetzigen Vorstandes nach einer Erweiterung des Führungsteams entsprochen werden. Die operative Basis soll durch zwei Stellvertreter(Innen) erweitert werden. Der Beirat wird die Mitglieder über die Neufassung der Satzung informieren.

Unter "Aktuelle Informationen und Programmvorschau für 2020" wurde auf eine Tagung "Margarethe von Savoyen" am 15. und 16. Oktober hingewiesen. Ebenso wurde eine Landesausstellung in Mainz ab der zweiten Hälfte September vorgestellt.

Diese Ausstellung, besser gesagt das Umfeld, beleuchtete Prof. Dr. Bernd Schneidmüller in seinem Vortrag "Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa"

Dr. Nicole Bickhoff schrieb in ihrer Einladung zur Mitgliederversammlung:

"Bischof Otto von Freising nannte im 12. Jahrhundert das Land beiderseits des Rheins „die größte Kraft des Reichs“. Tatsächlich lagen im Raum zwischen Aachen/Köln im Norden, Straßburg/Basel im Süden, Metz/Trier im Westen und Frankfurt/Main im Osten die Herrschaftszentren des Kaiser- und Königtums wie vieler herausragender geistlicher oder weltlicher Fürsten. Eine große Mainzer Ausstellung wird 2020 die herausragende Geschichte dieser Region im Mittelalter neu präsentieren. Der Vortrag gibt eine Vorschau. Er erzählt von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa die Geschichte der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs im Wirkverbund mit den „Säulen“ ihrer Macht – mit Bischöfen, Fürsten, Bürgern und Rittern. Dabei tritt der Raum beiderseits des Rheins als eine der zentralen Kulturlandschaften Europas in der Zeit von etwa 750 bis zur Goldenen Bulle von 1356 in den Vordergrund. Karl der Große und seine Nachfolger formten diese frühere Grenzregion des Frankenreichs zu einem Zentrum und zu einer Herzkammer ihrer Herrschaft."

Diesen Vortrag zu hören war mehr als eine Vorlesung über mittelalterliche Machverflechtungen, sondern er zeigte die Mechanismen der Macht und ihre hintergründe auf.

Ein Höhepunkt der Ausstellung dürfte sein, dass die "Goldene Bulle" von 1356, die Im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart aufbewahrt ist, dort im Original zu sehen sein wird.

Mit diesem hervorragenden Vortrag endete die Mitgliederversammlung für das Jahr 2019 des WGAV in Stuttgart

 

 
 

 

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